onlinemeeting vor weihnachten mit david grand brainspotting

Weihnachtspunsch Treffen mit Monika + David

Da persönliches Zusammenkommen zurzeit wieder sehr limitiert ist, haben wir – flexibel wie wir sind – einen Online-Punschabend organisiert. Der spontanen Einladung zu Monika Baumanns Vortrag und der Fragestunde mit dem Begründer von Brainspotting sind 95 Teilnehmer:innen gefolgt. Den vielen positiven Rückmeldungen entnehmen wir, dass sie genauso begeistert waren wie wir.

Zuerst hat Monika einige Highlights aus Davids Vortrag bei der internationalen Konferenz im Sommer übersetzt und mit Fachbeispielen ergänzt. Sie finden

„Brainspotting als neuro – erfahrungsbasierter Verarbeitungsprozess für Heilung und Expansion

den Text unter den Veröffentlichungen zum Nachlesen. Zudem haben Behandler:innen einige Beobachtungen aus ihrer Praxis eingebracht.

Danach hat David Grand sich – zwischen zwei Behandlungsterminen – eine Stunde live aus New York dazugeschaltet und wir konnten ihm einige der von den Teilnehmer:innen eingereichten Fragen stellen. Seine Antworten haben wir hier kompakt zusammengefasst, weisen allerdings darauf hin, dass hier kein Anspruch auf Richtigkeit oder Perfektion gestellt werden kann. Die Antworten entstammen stichwortartigen Notizen sowie einem Gedächtnisprotokoll. Wir wünschen viel Freude beim Lesen! 

Fragen an David Grand

In einer meiner Fortbildungen hast du von deinen Reisen nach Europa als Kind erzählt. Ich glaube, du warst damals auch schon in Österreich? 
Gibt es eine „beste Erinnerung“ und wie beeinflusst diese Reise zurück zu deinen Wurzeln deine Brainspotting-Arbeit?

Ja, ich war sieben Jahre alt, als meine Familie mit mir nach Europa und in den mittleren Osten gereist ist. An meinem Geburtstag waren wir in Wien und wir sind deshalb in ein Spielzeuggeschäft gegangen, das war viel besser als die, die wir in den USA hatten. Ich erinnere mich noch genau, wie fasziniert ich gewesen bin, von den detailverliebten Puppengesichtern und den tollen Stofftieren, so eines habe ich dann auch als Geschenk bekommen. In Salzburg habe ich die berühmten Nockerln bekommen, die ich sogar ein zweites Mal essen durfte. Ich wurde also schon früh ein internationaler Weltenbürger, was mit Sicherheit auch Einfluss auf meine (Brainspotting-)Arbeit hatte. 

 

Es wirkt so, dass du trotz deiner Gründerrolle und großem Engagement für BSP sehr offen geblieben bist gegenüber Ideen von Kolleg:innen. Du scheinst stets bereit, neue Varianten ins BSP aufzunehmen und Kolleg:innen eher zu ermutigen, zu probieren und es zu entwickeln. Ich erlebe es dagegen oft, dass gerade bekannte Gründer:innen eher abgrenzend sind und wenig Toleranz haben, wenn jemand ihre Methode weiterentwickeln möchte.
Was ist dein Rezept, so offen und neugierig zu bleiben?

Hier möchte ich auf die Kunst und Wissenschaften verweisen, wir Menschen entdecken stets neue Dinge. Es braucht Neugier, sie ist ein Teil dessen, was mich ausmacht und ein Teil dessen, was Brainspotting ausmacht.

Alles ist ständig in Bewegung und in Veränderung begriffen. Wenn wir stillstehen während sich alles weiterbewegt, dann bewegen wir uns quasi rückwärts. Ich merke, dass das was ich weiß, weniger ist als das, was ich nicht weiß.

90% von dem was ich heute weiß, habe ich von Klient:innen gelernt. Sie sind die Expert:innen im Inneren und haben mich gelehrt, bescheiden zu sein.

Ich will, dass Brainspotting sich weiter und weiter entwickelt – bis etwas Besseres es ablöst. Ich habe keine Angst vor diesem Tag, sondern freue mich, wenn es eines Tages passiert, weil es bedeutet, dass wir noch effektivere Heilung ermöglichen können.

 

Welche Rolle spielt der Glaube an einen großen Gott in einem persönlichen Prozess?

Im Osten wie im Westen haben große Denker:innen große Sichtweisen hervorgebracht und Menschen haben Gott auf der ganzen Welt gefunden, das ist alles im Rahmen des „expansive frame“ zu betrachten. Die Wissenschaft weist den Glauben zurück. Aber die Quantenphysik hat das verändert. Der Denkansatz ‚Dinge existieren nur, wenn ich sie sehen kann‘ ist nicht mehr haltbar.

Glaube ist was wir als Kollektiv und intuitiv wissen, weil wir es wissen. Er hat seinen Platz im neuro – erfahrungsbasierten Erweiterungsmodell. Ich arbeite mit dem Wissen meiner Klient:innen, auch wenn ich von einem Thema nichts weiß, und besonders dann, wenn der Glaube sich im Heilungsprozess zeigt.

 

Zeitgenössische Ansätze in der Traumatherapie verstehen die Bedeutung der Einbeziehung des Körpers der Klient:innen (und damit der Einbeziehung ihrer neuronalen Systeme und körperlichen/leiblichen Erfahrungsprozesse). Wir wissen, dass es viele Unterschiede gibt, die man zwischen BSP, EMDR und Somatic Experience aufzeigen könnte.
Was sind deine Gedanken, insbesondere zu den Gemeinsamkeiten von Brainspotting und Somatic Experiencing?

David hat hier von seinen Gesprächen mit Francine Shaphro und Peter Levine erzählt. Dabei betont er, was er von ihnen bezüglich des „Einbeziehens des Körpers“ gelernt hat. Er berichtete dann, dass Brainspotting den Körper als Ganzes in die Arbeit mit einbezieht und erklärt die Wichtigkeit dessen in unserer Behandlung. 

 

Du hast bei der diesjährigen internationalen Konferenz das neuroexperientielle Modell präsentiert. BSP steht für einen Ansatz, für Methoden und für eine Gemeinschaft von Praktizierenden, die auf globaler Ebene wächst. Was wünschst du dir als Begründer von Brainspotting für die kommenden Jahre und wo siehst du die größten Herausforderungen?

Ich wünsche mir nicht, dass Brainspotting in alle Ecken der Welt kommt, wünsche mir aber, dass möglichst viele Behandler:innen die Kraft des „Blicks“ erkennen und so ganz viele Menschen diesen kraftvollen Zugang bekommen.

Die größten Herausforderungen sind Wissenschaften, die die Intuition ausgrenzen.

 

Hast du noch ein paar letzte Worte, bevor du uns heute verlässt?

Ja: „Make Brainspotting your own!“
Also nehmt die Theorie und die Praxis und macht daraus euer eigenes intuitives Brainspotting. Es ist so persönlich, es muss von euch kommen. Darin habt ihr meine volle Unterstützung, denn

„Compliance goes along with trauma, liberation goes along with healing.“

(„Einhalten der Vorschriften geht mit Trauma einher, Befreiung mit Heilung.“)